Im Juni 2024 veröffentlichte die deutsche Zeitschrift Technik Einkauf einen Artikel, der ihre Erfahrungen mit der ITSM-Integration beschreibt. Wir freuen uns, diesen Artikel hier mit Ihnen zu teilen.
Wenn die IT-Lösung maßgeschneidert wird
Ein ingenieurgetriebenes Unternehmen wird naturgemäßversuchen, alle Herausforderungen selbst zu lösen – auch in der IT. Aber dortsind Individuallösungen oft nur die zweitbeste Möglichkeit. Diese Erfahrungmachte auch der Maschinenbauund Elektronikkonzern Trumpf bei der Integrationseiner IT-Service-Management-Lösungen. Letztlich entschied er sich für eineManaged-Service-Plattform.
Trumpf beschäftigt mehr als 16 500 Angestellte. In derHolding am Standort Ditzingen arbeiten rund 350 IT-Fachleute im BereichBusiness-Integration-Services, welcher IT-Infrastruktur, SAP-Maintenance undIndividualentwicklung umfasst. Zu deren Aufgaben gehört auch die Bearbeitungvon Incidents und Service Requests.
Der Integrationsspezialist Andreas Ebner firmiert alsselbstständiger Consultant. Allerdings ist er dem Konzern schon seit vielenJahren eng verbunden. So erlebt er aus nächster Nähe, wie schwierig es seinkann, eine komplexe IT-Governance zu bewerkstelligen. „Trumpf hat mehr als 70Tochtergesellschaften mit unterschiedlichen Beteiligungsverhältnissen, allein in Asien gibt es siebenLändergeschäftsführer“, erläutert der Berater: „Das heißt, es muss immer wiederaufs Neue um Konsens beziehungsweise Freiräume gerungen werden, um einGleichgewicht von zentral und dezentral zu erreichen.“
Ein wichtiges Kriterium für die Akzeptanz der IT im gesamtenKonzern ist deren reibungsloses Service-Management (ITSM). Etwaige Störungenmüssen sich möglichst schnell und transparent beheben lassen. Deshalb hatteTrumpf frühzeitig ein ITSM-Tool eingeführt. Es wurde – mit den allerbestenAbsichten – auf die individuellen Ansprüche von Trumpf angepasst. In der IT sind solche maßgeschneiderten Anpassungen trotzvieler Vorteile nur begrenzt möglich – sei es technisch oder personell. So auchhier: Nach etwa zehn Jahren waren die Anpassungs- und Integrationsfähigkeitausgereizt, und das interne Tool ließ sich nicht mehr auf aktuelle Systememigrieren. Trumpf musste sich nach einer Alternative umsehen und entschied, beidieser Gelegenheit das Thema IT-Services viel weiter zu fassen. Die Produktwahlfiel auf das funktional sehr weit entwickelte ITSM-System des US-AnbietersServiceNow. Anfang 2019 wurde beschlossen, es für alle Tochtergesellschafteneinzuführen. Die Software sollte aus Ditzingen heraus bereitgestellt undgepflegt werden. Auch für Information und Schulung der Service-Mitarbeitendenin den Ländergesellschaften übernahm die Holding Verantwortung.
Am Ende des Jahres war das interne Trumpf-Tool im Prinzipflächendeckend durch ServiceNow ersetzt worden. Gleiches gilt für dasAsset-Management.
ESB als Zwischenlösung
Natürlich war der Übergang nicht so einfach, wie es sich hier anhört. So mussten beispielsweise die Kommunikationsschnittstellen komplett neu gestaltet werden. Das alte Ticketsystem war größtenteils auf E-Mail-Kommunikation angewiesen — mit bekannten Nachteilen: Es skalierte nur begrenzt und funktionierte nicht immer zuverlässig. ServiceNow bot dagegen das sogenannte „E-Bonding“ an: Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zwischen Trumpf und jedem einzelnen IT-Partner. Diese Lösung ist zwar praktisch, aber technisch nicht optimal, da die zahlreichen unterschiedlichen Schnittstellen leicht zu Inkonsistenzen zwischen den verwendeten Systemen führen können.
Zu diesem Zeitpunkt erkannte Trumpf, dass sein interner Enterprise Service Bus (ESB) auch für den Informationsaustausch genutzt werden konnte. Zunächst wurde ein internes Projekt gestartet, um eine Verbindung zwischen Trumpf und einem SAP-basierten IT-Anbieter für mittelständische Unternehmen herzustellen. Diese Lösung funktionierte größtenteils reibungslos und wurde weiterentwickelt und gewartet. Sie hatte jedoch ihren Preis: Für den Betrieb wurde eine große Anzahl an externen Mitarbeitern benötigt, die oft auch an anderen Projekten beteiligt waren. Außerdem handelte es sich um eine Teillösung, die nicht alle Mitarbeiter und Partner von Trumpf nutzen konnten.
Sourcing-Projekt als Auslöser
Die Nachfrage nach einer alternativen Lösung wurde akut, als Trumpf sich einer strategischen Neuausrichtung unterzog und immer mehr Funktionen auslagerte. Das 2020 geplante und 2021 gestartete Projekt „Sourcing Hybrid Infrastructure“ (SHI) zielte darauf ab, etwa die Hälfte aller Windows-Server von einem externen Dienstleister betreiben zu lassen. Andere Projekte konzentrierten sich auf den externen Betrieb von Netzwerkkomponenten oder Konferenztechnik.
Deshalb strebte Trumpf nach einer „transparenten Kopplung“, die die Benutzerfreundlichkeit eines geschlossenen Systems mit den administrativen Vorteilen separater Umgebungen verbinden würde. Es wurde nach einem bevorzugten Standardprodukt gesucht, das als SaaS-Lösung (Software as a Service) erhältlich ist. Der Anbieter sollte es implementieren, konfigurieren, betreiben und warten. „Wir hatten bereits Cloud-Erfahrung mit ServiceNow gesammelt“, sagt Ebner, „daher erwarteten wir eine relativ einfache Integration.“
Im Jahr 2020 begann Trumpf, den Prozess und die Anforderungen für den „ITSM Connector as a Service“ (iCaaS) zu definieren. Marktanalysen ergaben, dass es zwei europäische Anbieter gab, die ähnliche Funktionen zu vergleichbaren Preisen anboten. Sie unterschieden sich in der verwendeten Technologie. Trumpf beschloss, das Projekt zusammen mit dem finnischen Integrationsspezialisten ONeiO umzusetzen. Ausschlaggebend war die innovativere Technologie. Als Hauptvorteile nennt Ebner die Skalierbarkeit in der AWS-Cloud und die „Cloud-native“ Entwicklung. Die Lösung basiert auf Microservices, Nodes und Containern; die Orchestrierung erfolgt mithilfe des Open-Source-Standards Kubernetes. „Dadurch ist sie modular und erweiterbar sowie ohne Code konfigurierbar“, so der Integrationsspezialist.
Darüber hinaus überzeugten Ebner auch die „weichen Faktoren“, insbesondere der „Pragmatismus in der Praxis“. „Bei einem solchen Projekt kann nicht alles im Voraus geplant werden. Neue Anforderungen stellen sich spontan oder komplizierte Ertragsbedingungen werden virulent.“ In den letzten zwei Jahren, sagt Ebner, habe er noch nie von ONEIO gehört, dass sie keine Zeit hatten, nicht verantwortlich waren oder erst einen Kostenvoranschlag benötigten: „Zuhören, verstehen, reagieren“, fasst er zusammen.
Gelernte Lektionen
Damit eine Integration erfolgreich ist, sollten sich alle Parteien — alle Parteien plus der Integrator — vor Projektbeginn zusammensetzen und die notwendigen Testfälle definieren. Zunächst muss eine Bestandsaufnahme erstellt werden, die dann konsolidiert und optimiert werden muss. Andernfalls besteht das Risiko, dass Geschäftsfälle nicht korrekt dargestellt werden. Es reicht nicht aus, den Prozess grob zu beschreiben. Die Herausforderungen liegen im Detail. So muss beispielsweise im Vorfeld genau geklärt werden, wer welche Prozesse einleiten und welche Änderungen vornehmen darf.